Lise erinnert und mehr
Lise erinnert und mehr – Gedenken an den 9. November und nachdenken über heute
Zum 5. Mal fand anlässlich des 9. November eine Gedenkveranstaltung in der Bibliothek statt, um ganz besonders an die Novemberpogrome von 1938 zu erinnern, in denen jüdischen Menschen überall in Deutschland, auch in Leverkusen, auf staatliche Anordnung schlimme Gewalt angetan worden ist.
Was genau geschehen war, sahen sich die Teilnehmenden in einem Dokumentationsausschnitt mit Originalaufnahmen und Zeitzeugenberichten an.
Für die 38 Menschen, an die in Leverkusen schon ein Stolperstein erinnert, war die Nacht vom 9. zum 10. November 1938 ein Albtraum. Auch für Familie Heumann war das, was in dieser Nacht und danach passierte, entsetzlich. Davon berichteten Teilnehmende am Stolpersteinmodul in vier ganz unterschiedlichen Beiträgen:
Den Auftakt machte Linda aus der 7e: Sie portraitierte Werner Heumann, einen sportlich sehr erfolgreichen Jungen, der trotz zahlreicher Urkunden auf einmal nicht mehr an den Wettkämpfen teilnehmen durfte. Auch sein Wunsch, auf dem Carl-Duisberg-Gymnasium (Vorgängergymnasium des Lise!) Abitur zu machen, wurde ihm verwehrt, weshalb er sich schon 1934 dazu entschloss Deutschland zu verlassen.
Ruweida aus der 9a nahm dann in einem selbstgeschriebenen poetischen Text die Perspektive der Mutter Selma Heumann ein und verriet mehr über die Leiden der Familie vor und nach der Flucht aus Deutschland.
Emma Sofie aus der 8b legte ihren Fokus auf die Brüder Joseph und Helmut Heumann, die am 9. November 1938 ins KZ Dachau verschleppt und nur durch Josephs Freundin Dina Schwarz wieder herausgeholt werden konnten. Wie sie dies erlebt haben muss, hat Emma Sofie versucht nachzuempfinden.
Emil aus der 10b verdeutlichte auf einer Karte, was der Familie Heumann allein räumlich an Zumutungen durch die Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten widerfahren ist.
Alle vier Modulteilnehmenden baten um weitere Unterstützung, um für Familie Heumann eine Stolpersteinlegung zu organisieren und so dauerhaft an ihr Schicksal zu erinnern.
„Denn Stolpersteine sind unser Versprechen:
Nicht zu vergessen, was einst geschah,
Damit das Leid nie zurückkehrt
Hilf uns Stolpersteine zu setzen,
Als Zeichen des Gedenkens,
Jeder Stein ein Name, ein Leben, ein Schicksal
Gemeinsam erinnern, damit das Vergessen nie gewinnt“ (Schluss von Rouweidas Text)
Im Anschluss hatten die Gäste der Veranstaltung selbst die Möglichkeit sich mit unterschiedlichen Formen der Erinnerungskultur zu beschäftigen und über zeitgemäßes Erinnern in Austausch zu kommen. Dort begegnete ihnen unter anderem das Kunstprojekt „Gegen das Vergessen“ von dem Künstler Luigi Toscano, der im kommenden Jahr seine großen Portraits Holocaustüberlebender auch in Leverkusen ausstellen wird.
Nach einem Austausch im Plenum warb das Modul „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ um weitere Verstärkung aus der Schülerschaft und verdeutlichte, dass ihr Einsatz gegen Diskriminierung mit dem Blick auf die Geschichte, unglaublich wichtig ist.
So war am Ende der Veranstaltung das viel zitierte „Nie wieder ist jetzt!“ sicher für alle ein Stück näher gerückt.
Um etwas dieser Nähe auch mit nach Hause zu geben, erhielten die Teilnehmenden einen QR-Code mit einer Botschaft der Holocaustüberlebenden Margot Friedländer.
Wie den Beginn so läutete auch den Schluss die Musik ein und das Zusammenspiel aus Bratsche und Klarinette gab noch einmal Raum für Gedanken, die nicht so leicht in Worte zu fassen waren.
In dieser Veranstaltung und bei der Teilnahme an der offiziellen Gedenkveranstaltung in Leverkusen am folgenden Tag wuchs die Idee, auch auf dem Tag der offenen Tür die Erinnerungsarbeit am Lise und das Projekt “Stolpersteine für Familie Heumann” vorzustellen. Hier zeigten sich einige Besuchende sehr interessiert und das Engagement des Moduls wurde auch mit interessanten Gesprächen belohnt.
Das Modul “Stolpersteine” ist weiter offen für Interessierte und freut sich auf neue Teilnehmende im 2. Halbjahr. (SOT)